Heiligabend
Weihnacht ist’s
Es riecht nach Tannennadeln und Plätzchen.
Die Kinder sind in ihrem Zimmer und warten voller Ungeduld auf das Zeichen.
Die Große sieht in den Spiegel und glättet zum x-ten Mal ihr Haar. Der Kleine, auf dem Stuhl sitzend und mit den Füßen baumelnd, fragt energisch:
»Wann geht es denn endlich los?«
Die Große, immer noch in den Spiegel blickend, »Keine Ahnung.«
Der Kleine, immer noch zappelnd, »machen die das wieder spannend.«
Die Tür wird geöffnet, Mutter tritt ein.
Der Kleine fragt, »Mutter, wann geht es denn los?«
Mutter, am Hemd des Kleinen nestelnd antwortet: »Gleich mein Sohn« und gibt dem Kleinen einen Kuss auf die Wange.
Der Kleine, mit dem Handrücken an der Wange wischend, begegnet nun schon etwas energischer: »Ich will aber, dass es jetzt schon losgeht!«
Da, ein ganz zartes “bim, bim” ertönt.
Der Kleine springt vom Stuhl, ergreift Mutters Hand.
Die Große, den Blick vom Spiegel trennend, murmelt: »Na endlich.«
Mutter ergreift die Hände der Kinder. Langsamen Schrittes gehen sie auf die Wohnzimmertür zu.
Die Tür wird geöffnet. Vater im schwarzen Anzug, natürlich vom Besten, begrüßt lächelnd seine Familie mit den Worten: »Fröhliche Weihnacht.«
Feierlich um den Weihnachtsbaum versammelt, trällert Mutter den Anfang von “Oh Tannenbaum”, einer nach dem anderen stimmt zögernd mit ein.
Vater rutscht auf allen Vieren unter den Baum und verteilt die Geschenke.
Computerspiel für den Kleinen.
Einen Scheck für den Kauf eines Mofas für die Große.
Mutter bekommt einen Ring, natürlich das passende Armband dazu.
Vater schenkt sich einen Leasingvertrag für ein neues Auto.
Mutter küsst den Vater, Vater die Mutter, Mutter die Kinder, die Kinder den Vater….
Mutter trällert mit Freudentränen:
“Es ist ein Ros’ entsprungen”.
“Weihnacht ist’s“
Kinderaugen leuchtend im Schein der Kerzen schauen auf die gebackenen noch heißen Äpfel, die vor ihnen auf dem Teller liegen.
Der Duft der Äpfel und des Gerösteten umstreicht den kahlen fröstelnden Raum.
Mutter hält die Keine auf ihrem Schoß und streichelt die kleinen Hände mit ihrem Daumen und leise singt sie “Oh du Fröhliche.”
Vater, in Folge der Unkenntnis des Textes mitbrummend, legt die letzten Kartoffeln in das Feuer.
Mutter legt der Großen die Kleine in den Arm, nestelt an ihre Schürze und zieht eine kleine Puppe hervor, die sie von ihrer Pullover Wolle gestrickt hatte, und drückt sie der Kleinen in die Hände.
Vater, sich langsam erhebend, holt die aus alten Holzscheiten zusammengebastelte Wiege hervor und gibt sie der Großen in die noch freie Hand.
Kinderaugen glänzen und blicken fast auf die Gaben.
Vater legt liebevoll den Arm um Mutters Hüfte und ihre Blicke ruhen glücklich auf ihre Kinder.
“Oh du Fröhliche”
“Weihnacht ist’s”
Irgendwo in einem fernen Land blicken Kinderaugen auf ein zerbrochenes Haus.
Keine Mutter wird ihnen “Oh Tannenbaum” singen.
Kein Vater wird ihnen Gaben bringen.
Statt brennenden Kerzen, gibt es brennende Häuser.
Statt wohligem Duft, gibt es beißenden Gestank.
Statt Freudengelächter gibt es Schmerzensschreie.
Statt Frieden gibt es Krieg.
“Wein’nacht ist’s”
Heute ist Heiligabend.
Ich schenke dir ein Buch (Roman) und ein Kinderbuch nach deiner Wahl.
Beeile dich, der oder die erste, die mir eine PN auf meinem Facebook Account mit dem Wort „Heiligabend“ zuschickt, ist dabei.